Freitag, 10. September 2010

Copacabana

Also, wie schon angekündigt, folgt jetzt mein Bericht über unsere Wallfahrt nach Copacabana vom letzten Wochenende (nachdem die anderen es mir schon vorgemacht haben;) ).
Vielleicht sollte ich am Anfang noch sagen, dass Copacabana am Titicacasee liegt (er existiert!! ), nicht, dass ihr euch wundert, ob wir am Meer waren oder so.

Der eigentliche Troubel fing am Freitag an.
Um ca. 2 Uhr trafen sich sämtliche Mitarbeiter, Volontäre etc. der Fundación, um im Mädchenheim Sandwiche für die Fahrt vorzubereiten. Und es folgte direkt der erste "Schock", als ich den Speisesaal betrat: ein riiiesen Tisch nur voller Hähnchen!! Und zwar ganze.. zwar ist Hähnchen hier eigentlich ein Grundnahrungsmittel, aber das übertraf alles!
Also machten wir uns daran, Brötchen durchzuschneiden, mit Wurst bzw Hähnchen(inklusive Knochen, was es schwierig machte, das Brötchen zuzukriegen)zu belegen, in Servietten einzuwickeln und in die schon vorbereiteten Säcke zu packen. Natürlich musste hier genaustens auf die Anzahl geachtet werden, was nicht so ganz geklappt hat (müssen wir Jose Luis' Rechenkünste anzweifeln ?:) ), sodass am Ende alle Brötchen wieder ausgepackt, gezählt und die richtige Anzahl wieder reinpackt werden mussten. Was ein Spaß!
Danach wurden Brötchen, haufenweise Getränke, Kisten mit Süßigkeiten und und und in einen LKW verfrachtet, und dann war alles vorbereitet für die große Reise mit ca. 2000 Leuten der Fundación.
Am Samstag um 7 sollte es also losgehen. Obwohl Anna und ich am Freitag Abend eine Extraschicht spülen und wäscheaufhängen eingelegt haben, kamen wir doch am Samstag pünktlich um halb 7 am Casa de Paso an, und zwar als erste von unserem Projekt. Nach einigen Minuten kamen die ersten Kinder, aber von wem war keine Spur: von unserer Chefin und den Ecuadoren (Lehrern). Sinnvoll! Nach einiger Zeit kamen dann doch alle an, und wir haben uns in unseren Bus begeben (ja ich auch, nachdem ich noch einmal hochrennen durfte ins Büro, um den Schlafack meiner Chefin zu holen.. ). Dann ging es also los.
Als erstes wurden uns die (wundervollen..) orangenen Cappies überreicht. Es ist so, dass jedes Projekt Mützen in einer Farbe des Regenbogens hatte und wir hatten mit orange eindeutig das große Los gezogen.
Schon nach kurzer Zeit fingen die Kinder an, wild rumzutoben und mit ihren Decken Höhlen zu bauen, sodass das ziemliche Chaos ausbrach und der Lärmpegel im Bus stieg. Aber sie haben die Rechnung ohne die Hermana (meine Chefin ) gemacht. Diese wusste sich nämlich mit einer ganz besonderen Art der Unterhaltung (oder soll ich Folter sagen? :D) zu helfen: eine CD mit 9 Marienlieder, die wir im Laufe der Fahrt doch tatsächlich sechs mal durchgehört haben. So lief die Hermana mit einem Grinsen durch den Bus und animierte die Kleinen zum Mitsingen. Und ob mans glaubt oder nicht: schon nach 2 mal durchhören, kann man das ganze Repertoire auswendig!
Nach einiger Zeit kam dann die Erlösung: unser erster Stopp in einem kleinen Dörfchen, wo wir uns alle samt ans Ufer des Titicacasees begeben haben, um diesen mit Massenabfertigungsschiffen zu überqueren. Auf der anderen Seite angekommen, ging das große Picknick los. Es kam zum freudigen Wiedersehen mit den Hähnchenbrötchen (und es hat sich also tatsächlich als schwierig herausgestellt, dieses zu essen.. ), dazu gab es Ketchup, Mayo und ein Getränk. Und nachdem die Kinder sich genug ausgetobt haben, ging es weiter nach Copacabana... und wieder folgte eine von den alt bekannten Liedern begleitete Busfahrt.
Kurz vor Copacabana stiegen wir dann alle aus, fanden uns entsprechend der Farbe unserer Mützen zusammen und von da aus ging die Prozession in Regenbogenfarben los. Im Dorf wurden wir dann herzlich von den Einwohnern mit Plakaten etc. begrüßt und während wir Maria mit Liedern wie "Santa Maria del camino" begrüßten, machten wir uns auf den Weg zur Kirche, wo wir eine Messe gefeiert haben.. wenn man das so nennen kann. Von Andächtigkeit oder sonstigem keine Spur: stattdessen wurde laut gesprochen, Fotos gemacht und sogar gegessen. Aber das ist wohl die Mentalität hier und bei 2000 Leuten, wovon der Großteil Kinder waren, ist das kein Wunder.
Im Anschluss daran ging es zum Strand, wo wir unsere Sachen aus dem Bussen geholt und ins Quartier gebracht haben.
Und hier kam direkt Schock Nummer 2: die Zimmer! Es handelte sich um ca. 6 Quadratmeter "große" Zimmer, in denen wir auf dem Boden schlafen sollten. Alles schön und gut, nur leider werden Fenster anscheinend überbewertet und einfach weggelassen... zuächst blieb nicht viel Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, weil das Programm weiterging, aber Anna und ich waren uns im Klaren, dass dies noch ein böses Nachspiel haben würde.
In der Hoffnung das vorher gesehene schnell verdrängen zu können, machten wir uns mit unserem Projekt auf zum Strand, wo die Kinder spielen durften. Also auch hier wieder keine Spur von Freizeit für Anna und mich, schließlich muss ja jemand auf die Peques (Pequenos = Kleinen) aufpassen.
Von hier aus startete dann die 2. Prozession, die uns wieder (wieder von denselben Liedern begleitet) zur Kirche führte. Da es langsam schon dunkel wurde, wurden Laternen an alle verteilt (in unserem Fall natürlich wieder orange). Und so breitete sich vor der Kirche ein Lichtermeer in Regenbogenfarben aus, zu dem wir sangen und uns des Leben freuten. Das war wirklich echt schön anzusehen und definitiv einer meiner Lieblingsmomente der Fahrt!!!
Weiter ging es dann mit einem zweigeteilten Programm: einmal für die ab 13-jährigen eine Art "Disko" und für die Kleineren eine Show mit Clown (+Handpuppe) etc, sowie Tänzerinnen, die sich verirrt haben und eigentlich für die Größeren tanzen sollten..
Und wo durften Anna und ich hingehen: nein.. nicht zu den Großen, wie der Großteil der Freiwilligen.. aber mit unserem Schicksal hatten wir uns schon abgefunden.
So wurden um kurz nach 9 noch die Brötchen mit Aufschnitt und eine weitere Ladung Getränke verteilt und dann folgte auch schon der Zapfenstreich! Leider Gottes..
Zunächst galt es zu klären, wer in welchem der 3 für unser Projekt vorgesehenen Zimmer schläft. Nachdem die Jungs sich im Ersten, die Mädchen im Zweiten und die Muttis mit den Babys im dritten Zimmer eingenistet hatten, blieb nur noch wenig Platz. Aber die Hermana hat sich stark gemacht und trotz fehlender Zustimmung der Mütter, suchten Anna und ich uns ein kleines (sagen wir winziges) Plätzchen im 3. Zimmer.
Als wir uns daraufhin auf den Weg zum Bad machten, folgte.. wer hätte es gedacht.. Schock Nummer 3: es gab kein Wasser mehr. Weder zum waschen, noch zum abspülen der Toiletten... Auch verständlich, wenn man bedenkt, dass für etwas mehr als 1000 Frauen nur 5 Toiletten vorhanden waren. Und so hieß es also Tür auf und "sin mirar" (ganz nach dem Motto "Augen zu und durch") rein.. Und so flüchteten wir schnell wieder vor dem Gestank und gingen zurück zu unserer "Zelle", um uns für die Nacht zu wappnen.
Mit eingezogenen Beinen quetschten wir uns samt Schlafsack in die kleine Lücke, allerdings ahnten wir, dass uns das nicht vorhandenen Fensters Probleme bereiten würde und da die Mutter, die an der Tür schlief diese nicht auflassen wollte, wechselten wir noch einmal die Plätze und genossen die frische Brise, die durch den offenen Spalt hereinkam. Allerdings nur kurz, denn den Muttern wurde es doch zu bunt und sie schlossen die Tür kurzerhand wieder. In der Nacht überkam mich dann allerdings doch die Platzangst und es gelang mir, die Tür zu öffnen, trotz Koffer, der davor platziert wurde (aus Platzmangel.. kein Wunder, wenn man mit ca. 12 Frauen + Babies in einem so kleinen Raum schäft). Um 5 Uhr morgens wollten Anna und ich dann aufstehen, um den Sonnenaufgang anzugucken. Pustekuchen. Es regnete! Aber wo wir einmal wach waren, sind wir kurzerhand aufgestanden und haben die restlichen Stunden bis zum Frühstück um 8 Uhr auf irgendwelchen Treppenstufen halbschlafend durchgeschlagen.
Nach dem Frühstück ging es dann an den Strand, wo wir zunächst unsere Sachen wieder in den Bussen verstauten. Danach sollten wir eine Bootstour machen, aber da es wieder regnete, suchten wir Schutz in den Bussen. Als es dann aufgehört hat, konnten die Kinder doch noch Boot fahren, aber Anna und ich waren eindeutig zu müde und angeschlagen und blieben im Bus, um zu schlafen.
Nach einiger Zeit wurde es dann Zeit, die Virgen Maria zu verabschieden (was sich als recht amüsant herausstellte!). So versammelten sich alle am Strand, um begeisterterweise der Virgen, die auf einem Boot ihre Runden auf dem See drehte, mit den bunten Mützchen zuzuwinken. Natürlich wurden hier wieder die alten Klassiker gesungen. Und nachdem wir dann mehrere Male der Muttergotter applaudiert und zugejubelt haben, gab es Mittagessen und danach machten wir uns (endlich) auf den Weg Richtung La Paz.
Und wieder stellte sich die Busfahrt als eher unschön heraus. Denn die Kinder fanden schnell eine Methode der Zeitvertreibung. Und zwar ein Spiel, wo immer einer anfängt und ruft "Llegó carta", was soviel heißt wie: es ist ein Brief angekommen. Daraufhin fragen die anderen, von wem, für wen und was drinsteht. Meistens endet das mit einem Inhalt wie "Te amo" (Ich liebe dich), worauf der gesamte Bus in Gelächter ausbricht.
Während die Educadoren es schafften, einzuschlafen, blieb Anna und mir nur übrig, uns nur fragen, wieso die Post denn Sonntags geöffnet hat. Und kurze Zeit später schlief auch Anna, sodass ich alleine versucht hab, die Menge zu beruhigen. Vergeblich. Also zog ich mir den Schal über den Kopf und hielt es aus.
Und irgendwann geht auch die schlimmste Fahrt vorbei und es ist doch wieder ein schönes Gefühl, zuhause zu sein. Und tatsächlich fängt man an, Dinge wie Fenster oder funktionierende Toiletten zu schätzen!
Also ich will nicht sagen, dass die Fahrt grausam war. Das Programm an sich und besonders auch der Titicacasee, der übrigens riiiesig aussieht, als wäre es ein Meer, haben mir super gut gefallen und ich bin mir sicher, dass ich mich noch mal, dann ohne Projekt, auf den Weg mache.
Es war jedenfalls interessant zu sehen, wie Marienverehrung in Bolivien gestaltet wird und wieviele Menschen man doch in einem kleinen Raum unterzubringen.

Ja.. zum Schluss noch die neusten News aus La Paz direkt vom Casa de Paso :D
Am Montag durften wir direkt wieder bei der Arbeit antanzen, weil ein Fernsehteam da war. Und zwar wurde (glaube ich) Werbung für die am 22. September stattfindende Geburtstagsfeier der Fundacion gemacht. Der Arbeitstag stellte sich aber eher als unnötig heraus, weil nur wenig Kinder da waren.
Naja, dafür haben die dieses Wochenende einen Tag mehr frei, den wir uns auch nach diesem anstrengenden Wochenende und der darauffolgenden auch anstrengenden Woche echt verdient haben.
Und während jetzt fast alle in Sorata bzw. Cochabamba sind, genieße ich es, auszuschlafen und einfach mal zu entspannen.
Also mal schauen, was mich die nächste Woche erwartet!
Listo.. bis dahin allen ein schönes Wochenende und hasta prontito!
Verena

Die Pollos:


Die Prozession zur Kirche.. natürlich in Regenbogenfarben:




Die Kirche von Copacabana:


Mit den Kindern am Strand:


Prozession Nr.2: Ich geh mit meiner Laterne!:




Ausblick auf Copcabana:


(Misslungenes) Gruppenfoto am Schluss:

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